26.01.2014

Undank ist der Welt Lohn

Nach dem 1. Weltkrieg kamen die Komitatsch"n in die Gemeinde. Überall hissten sie ihre Fahnen. So war auch eine auf dem Weg zur Dunjerski-Fabrik angebracht. Und alle, die vorbeikamen, mussten sich ducken, um vorbei zu kommen. An einem Wintertag ging auch der Ams Juri vorbei, duckte sich, aber doch zu wenig, denn es fiel ihm ein schöner Brocken Schnee ins Genick. Er bekam eine Wut und schwor sich: "Diese Fahne hängt nicht mehr lange da!" Er wartete nur die nächste Gelegenheit ab. Diese sah er noch am gleichen Tag kommen, als alle beim Mittagessen waren. Er ging hin, riss die Fahne herunter und schmiss sie in das nächste Grundstück. Doch a "Raaza-Weib" hat das Ganze beobachtet und den Juri gleich angezeigt. Die Komitatsch"n kamen, nahmen ihn mit "ufs Gemeindehaus" und verabreichten ihm ohne langes Tächtel-Mächtel "Fünfundzwanzig". Als sie so etwa bei Zehn angelangt waren, fing der Juri das Jammern und Schreien an. Der Postenführer Bluscht hat das gehört und kam ihm zu Hilfe: Er bat, man soll doch Nachsicht walten lassen. Die Komitatsch"n ließen daraufhin den Juri laufen, nahmen aber den Postenführer und verabreichten diesem den Rest. Als dann der Juri an der Fabrik ankam, machte er seine Grimassen. Man wusste nicht, will er weinen oder lachen."Was gabs?" fragten die Arbeitskollegen. Und er schadenfroh: "Ich hab Fuchzehne bekommen, awr die restlichen Zehn hat der Bluscht gekriegt!"  (7. Tscheber Heimatbrief/Dezember 1978)

25.01.2014

Persönlichkeiten - Professor Dr. Jakob Bleyer

Professor Dr. Jakob Bleyer
geb. 25.01.1874 in Tscheb - gest. am 05.12.1933 in Budapest
Jakob Bleyer kam am 25. Januar 1874 in Tscheb, damals Südungarn, als Kind der Bauersleute Jakob und Veronika, geb. Stern, zur Welt. Er besuchte die Volksschule in Tscheb, wurde von dem Ortsgeistlichen Karl Werner und dem Kantorlehrer Lorenz Mayer als begabter Junge erkannt und für den geistlichen Beruf empfohlen. Seite Eltern schickten ihn 1885 an das Gymnasium nach Neusatz und ein Jahr später an das Jesuiten-Gymnasium nach Kalotscha. Schon als Gymnasiast schrieb er deutsche Gedichte und Erzählungen, die auch veröffentlicht wurden. Bleyer bestand : mit ausgezeichnetem Erfolg 1893 in Kalotscha das Abitur. Danach schlug er die wissentschaftliche Laufbahn ein. Er wurde Professor für Germanistik in Klausenburg (1908) und erhielt einen Lehrstuhl in Budapest (1911), den er bis zu seinem Tode innehatte. Sein wissenschaftliches Interesse galt besonders den deutsch-ungarischen Beziehungen in der Literatur. Auf ihn gehen die Anfänge der deutschen Südostforschungen zurück. Auf Grund seiner vielfältigen Tätigkeiten wurde Bleyer als Nationalitätenminister berufen. (Text auszugsweise dem 15. Tscheber Heimatbrief/Dezember 1986 und dem 32. Heimatbrief/Dezember 2003 entnommen).

Die schönste Sinngebung und Deutung seines Lebenswerkes schrieb er selbst während des Ersten Weltkrieges in sein Tagebuch: "Im Sommer war ich in meiner Heimatkirche (Tscheb), und da kam in das Hochamt eine fromme Prozession von Frauen, gebrechlichen Männern und Kindern aus dem benachbarten Schwabendorf. Sie sangen uralte geistliche Lieder, die sie aus der Urheimat mitgebracht hatten und in Zeiten höchster Not zu singen pflegten. Der Gesang kam aus tiefster Seele: "Wir bluten aus tausend Wunden und ohne Ahnung dessen, worum es sich handelt und worum es für uns geht. Wir haben Vorgesetzte, geistliche und weltliche, aber wir haben niemand, der uns Freund ist, der unser Herz, unser deutsches Kolonistenherz betastete und mit Trostworten labte, der uns in der Gefahr ein Beistand, in der Sorge ein Wegweiser wäre". Da habe ich dieses arme Volk, das ärmste in unserem ungarischen Vaterlande, wie eine Braut an mein Herz gedrückt. Du bleibst mein und ich dein!" : Professor Dr. Jakob Bleyer gehört zu den bedeutendsten Persönlichkeiten, die das Donauschwabentum in seiner fast 300jährigen Geschichte hervorgebracht hat. Sein Lebenswerk galt der Festigung des deutschen Volkstums in Ungarn. Er starb m 5. Dezember 1933 in Budapest. : Bleyers Ahnen stammen aus Au im Murgtal, wo am Auswandererhaus ein Gedenkstein angebracht wurde. Bleyer wurde zum Ehrenbürger von Au und zum Ehrendoktor der Universität Tübingen ernannt. Der Gedenkstein aus Murgtaler Granit, der 1937 an seinem Grab auf dem Kerespeser Friedhof in Budapest errichtet wurde, überlebte die Vertreibung der Deutschen aus Ungarn nicht, er wurde nach 1945 zerstört.

20.01.2014

Von einem Tscheber "Tuwakschwärzer"

Daheim hatten die Bauern im Winter es schön gehabt. Bot sich ihnen aber eine Gelegenheit, eine "Fuhr" zu machen, griffen sie gern danach. Der gerissene Ernst Niklos hat bei so einer winterlichen Fuhr gleich zwei Geschäfte getätigt. Die "Finanz" fuhr er nach Bulkes. Das war das erste Geschäft. Mit der Finanz nahm er gleichzeitig auch seinen "Tuwak" mit nach Bulkes, um den dort "schwarz" zu verkaufen. Den Tabak in Bulkes zu verkaufen, war keine Kunst, denn dort wurde kein Tabak angebaut. Aber wie diesen nach Bulkes befördern, wenn das strenge Auge des Gesetzes, die Finanz, selbst mitfährt? Nun, der schlaue Bauer legte seinen "Tuwak" fein geglättet auf den hinteren Sitz seines Fuhrwerkes und deckte ihn mit der "Rossdecke" ab. Das gab einen weichen, bequemen Sitz für die Herren; sie ahnten nicht, auf welcher "heißen Ware" sie saßen. In Bulkes angekommen, gingen die Hüter des Gesetzes ihren Pflichten nach und der Ernst seinem Geschäft.

Nach erledigter Arbeit rieb er sich die Hände und legte diesmal "Kukruzstängel" auf den Sitz. Als die Herren für die Heimfahrt wieder Platz genommen hatten, fauchte der eine, "was hoscht denn do fir en Sitz, als mir herzus gfahre sin, war der doch so weich!" Der Fuhrmann Ernst entgegenete kleinlaut: "Do ward Ihr halt uf meinem Tuwak gsesse und den haw ich jetzt in Bulkes verkaaft." Doch die Finanz glaubten ihm das nicht, denn sie meinten, er macht auch diesmal , wie schon so oft bei anderen Gelegenheiten, seinen Spaß mit ihnen.

19.01.2014

Bauhandwerk in Tscheb

Unsere Ahnen waren ja alles in einer Person, so Bauer, Eigentümer, Bauherr und Handwerker. Für den Hausbau kamen bodenständige Baumaterialien wie Lehm, Holz, Schilfrohr und spezielles Stroh zur Verwendung. Früher sagte man "das Handwerk hat goldenen Boden" und das zu Recht. Gerade in Tscheb, besonders im Bauhandwerk - wie Maurer, Zimmerer, Spengler, Tischler, Maler und auch Schmiede. Noch heute, nach vielen Jahrzehnten - dazwischen liegen zwei große Kriege - muss man unseren Bauhanderkern volle Anerkennung für ihr Können und ihren Fleiß zollen. Denn unsere zum Teil aus Erde und Lehm gestampften Häuser haben vielen Einflüssen standgehalten, sie stehen heute noch.

Solide Handwerksarbeit dokumentiert die Entwicklungsphase des gesamten Baugeschehens bis zum Kriegsausbruch 1914 und weiter von 1919 bis zu unserer Vertreibung. Harmonie und Gleichklang finden wir an allen unseren Häusern. Da standen sie und stehen sie zum Teil auch jetzt noch friedlich nebeneinander, ohne zu stören und selbstverständlich zur Einheit gebunden. Beachtung finden und verdienen die vielen alten Bauernhäuser in der Mittel- und Bauerngasse, gebaut noch weit vor der Jahrhundertwende in ihrem schönen Barockstil, sowie die Gestaltung der Giebelansichten (Gassenfront) mit Klinkerziegeln um 1900-1910.

Mit dem Bauhandwerk waren viele Familien verbunden. Man konnte leicht feststellen, welcher Maurer oder Zimmermann oder Tischler die jeweiligen Arbeiten durchgeführt hat, u.a. Maurer: Istvan, Maier, Schwindel, Jancenic und Ferger und Zimmerleute: Fahr, Gruber, Scherl, Karcher und viele andere.

Viele Buben strebten an, nach der Schulentlassung mit dem Einvernehmen ihrer Eltern das Maurer- oder Zimmermannshandwerk zu erlernen, da die Lehrlinge in ihrer Lehrzeit für ihre Arbeitsleistung entlohnt wurden, was in verschiedenen anderen Berufen leider nicht der Fall war.

Bald nach dem ersten Weltkrieg entstand eine rege Bautätigkeit. Es entstanden viele schöne, neue Bauern- und Geschäftshäuser - die alten Häuser wurden saniert und vergrößert - aber auch schmucke Einfamilienhäuser.

von Stefan Ferger Graz (8. Tscheber Heimatbrief Dezember/1979)

18.01.2014

Grabbeneschter aushewe

Als Roland Groh  bei einem Zusammentreffen mit Grieshaber Franz ihm den ersten Tscheber Bildkalender für 2012 zeigte, sah sich dieser interessiert die Kalenderfotos an. Sein Blick blieb plötzlich bei einem Bild hängen und Franz rief voll Erstaunen:

„Ja, des bin jo ich beim Grabbeneschter aushehwe“!


Das Ausheben von Rabennestern war auch von den Erwachsenen als nichts Böses angesehen worden. Denn zur damaligen Zeit waren auf einem einzigen Baum ca. 20 bis 30 Krähennester. Diese Krähen haben auf den unmittelbar nach dem Wald beginnenden Feldern die frisch eingesetzten Maiskörner aus der Erde heraus gegraben und dadurch den Bauern großen Schaden zugefügt. Das „Grabbeneschter-Aushehwe der Jungs“ wurde also von den Bauern begrüßt.

Von Grieshaber Hans ist das obige Foto im Frühjahr 1942 an einem Nachmittag nach der Schule aufgenommen worden. Er hatte damals bereits eine Fotobox und konnte dieses schöne Bild erstellen. Es entstand nicht im Ried, sondern im „Herrschaftswald“, wie mir Grieshaber Franz berichtete. Der Junge vorne rechts, der das Tuch hält (es war vermutlich ein großes Kleidungsstück) war seinerzeit durch die „Kinderlandverschickung“ in Tscheb.

Unmittelbar daneben ist nochmals ein Junge zu sehen, der aber auch von Grieshaber Franz nicht mehr genau zu erkennen ist. Oben im Baum war Moritz Jacob,der die Eier runter warf. In unmittelbarer Nähe, auf dem Bild - leider nicht sichtbar - war auch Noppert Josef, der witzigerweise ständig seine Mütze verkehrt herum über seinem Kopf hielt, aus Angst, dass ihm Moritz Jacob ein Ei darauf wirft. (40. Tscheber Heimatbrief/Dezember 2011)

17.01.2014

"Neiji Modi"

In unserem Dorf war jeden Sonntag Tanz in den Gasthäusern. Alte Frauen gingen sehr gerne zuschauen. Von einem Lokal auch ins andere. Da kam so eine "Zuschauerin" in den Saal und hatte den Oberrock umgekehrt angezogen. Einige Frauen riefen ihr zu: "Pewibäsl, Ihr hen eier Rock verkehrt oh!" Sie schaute an sich hinunter und sagte: "Hot do niemand den Rock verkehrt oh? Im annere Wertshaus hen alli so den Rock. Jetzt trackt mer des so!" sagte Pewibäsl schlagfertig. (1. Tscheber Heimatbrief/Dezember 1972 - Auszug aud der Festansprache von Prof. Matthias Hubert, Berlin, beim 1. Tscheber Heimattreffen am 21. Mai 1972 in Reutlingen)

13.01.2014

Die Mühle im heimlichen Grunde

von li. nach re.: Hilde Mayer, Maria Döllinger, Anna Puss, Anika Hamann, Maria Schnapper, Katusch Piffath, Anna Busch, Maria Bernschütz, Vroni Fahr, Kathi Gari, Anna Grof und Lenka Burger
Unser Bild zeigt aus dem Jahre 1939 zeigt die Festspielgruppe anlässlich der Bannerweihe des Marienbundes: "Die Mühle im heimlichen Grunde.

02.01.2014

Tschewrisch grett

ausgeize = neue Triebe an den Reben ausbrechen
Gnootsch = weibl. Wesen, das nichts fertig bringt, ziemlich langsam arbeitet
Grundkerwel = kleiner Weidenkorb mit zwei Henkeln
gsotz, rumgsotz = gesessen, rumgesessen
Hauszins = Miete
Hendsching = Handschuhe
Kerwl = Körchen aus Weide
ko Macherei = keine Art, geht doch nicht
Kupfer = Koffer
läbsch = geschmacklos (nicht gewürzt)
lochlohm = langsam, lahm, faul, bequem