02.11.2014

Das Fassbinder-Handwerk in Tscheb - Teil 2

Der Vorgang des Fassbindens: Wichtig ist Wasser und Feuer, Flacheisen - die Stahleisen sind geschmiedet -, die seitlich fein gehobelten Dauben, in der Mitte "im Bauch" breiter als an den Enden, stehen in einer Reihe bereit. Der Fasszug (Seilzug), Schraubenzwingen und das notwendige Werkzeug sind griffbereit. Mit den Schraubzwingen werden die Dauben nun am ersten Reifen befestigt bis der Kreis ganz geschlossen ist. Ein zweiter und mehrere Reifen, je nach Größe und Bedarf des Fasses werden von oben her aufgezogen und aufgetrieben. Man verwendet dazu die am Lager vorhandenen Standard-Reifen.

Und nun kommt die eigentliche Kunst des Fassbindens: Die schon zusammengezwängte Seite wird nun über den Feuerkorb gestülpt. Und während ein kleines Feuer aus Hartholzabfällen das Fass von innen erhitzt und erwärmt, wird das Fass nun von außen mit Waser leicht benetzt (mit Wasser bespritzen). Das Holz, die Dauben quillen auf und werden biegsam. Und nun können so die Dauben mit Fasszug (Seilzug) langsam zusammengezogen werden. Das Fass nimmt seine vorgegebene Form an. Nach Abnahme des Fasszuges werden dann die notwendigen nächsten Reifen aufgezogen und mit wuchtigen Hammerschlägen aufgetrieben (diese Hammerschläge waren angenehm zu hören). Es wird nun weiter fest geheizt, die Dauben (alles Holz) dampfen und zischen in der Hitze und bekommen ihre beständige Form. Das Nachfeuern (Ausfeuern von innen) ist sehr wichtig für die Qualität bei der Herstellung jedes neuen Fasses. Nach Abkühlen des Fasses werden die Dauben gerade geschnitten und eben (glatt) gehobelt und nachher die Nut für die Böden eingefräst. Dazu gab es einen eigens verstellbaren Fräshobel. Vor dem Einsetzen der beiden Böden werden die äußeren Seiten des Fasses abgenommen, damit es sich dehnen kann und die Böden von innen her hineingedrückt werden können. Damit die Böden dicht sind, wird die Nut sorgfältig mit Schilf ausgelegt. In einer selbst angefertigten, riesigen, großen Drehbank wird das runde Fass gleichmäßig abgedreht und gleichmäßig geschliffen. Nach diesen Arbeiten werden dann seine endgültigen Reifen vom Fassbinder selbst geschmiedet und genietet, aufgezogen und aufgetrieben.

Ganz zu guter Letzt wird dann in einem der Fassböden ein Spundloch gebohrt. In unserer Heimatgemeinde Tscheb hat man gesundes, gutes Akazien- und Eichenholz genügend zur Verfügung gehabt und verwendet. Und "Aufs Haar genau gearbeitet". Es gab sehr viele Fässer, die waren noch bei unserer Zeit schon über hundert Jahre alt und an vielen Fässern waren Jahreszahl der Herstellung des Fasses, der Name des Fassbinders und der Name des Fasseigentümers eingekerbt.

Zur allgemeinen Bemerkung: Der allgemeine Fortschritt und der Wohlstand brachten es mit sich, und die moderne Konkurrenz wurde immer stärker: Die guten Holzfässer mussten Behältern aus Edelstahl, Kunststoff, Glas und sogar Beton weichen. Aber die heutigen modernen Weinbauern, Winzer vom Fach, lassen ihre Trauben (Traubenmost) wieder wie in früheren, vergangenen Jahren (Jahrhunderten) in Holzfässern aus Eichen- und Akazienholz zum edlen Tropfen reifen.

von Stefan Ferger, Graz (22. Tscheber Heimatbrief/Dezember 1993)

01.11.2014

Das Fassbinder-Handwerk in Tscheb - Teil 1

"Handwerk hat goldenen Boden". Beim Fassbinden hat sich dieser Spruch bewahrheitet Den Fassboden einbauen grenzt an wahre Kunst. Dazu ein weiterer Spruch vom Fassbinder: "Bei mir missts ganz zsammgehn, waascht, sunscht is des Fass nett dicht und es rinnt, gleich was du reinschitte duuscht und drinne is, ob Wasser, Wein oder Schnaps".

Zu Hause bei uns in Tscheb waren die Fassbinderarbeiten noch Handarbeiten. Unsere Fassbinder suchten und kauften sich das geeignete Fassbinderholz selber ein, speziell Eichen- oder Akazienholz. Akazienholz gab es im Dorf genug, Eichenholz besorgte man sich von der Sremer-Seite von über der Donau her. Man muss sich zeitlich weit zurückversetzen, mehr als 50 Jahre (Artikel wurde im Jahre 1993 geschrieben!) und noch weiter zurück. Man hat die Baumstämme selbst gespalten und grob zugerichtet. Die Dauben (Seitenbretter eines Fasses) noch mit der Hand aus dem groben Planken (Bohlen) herausgehackt. Das Tor führte mich in einen sauberen großen Hof. Unzählige Reifen in verschiedenen Größen stehen fein säuberlich geordnet an einem Hofgestell im Schatten. Daneben Feuerkörbe. Noch ein paar Schritte über Stufen, weiter den breiten Gang mit schönem Brüstungsmauerwerk stehen wir mitten in der großen, weiten Werkstatt. Von zwei Seiten große Glasfenster, die Eingangstür hat zwei sehr breite Torflügel, mehr als zwei Meter breit und zwei Meter hoch mit Oberlichtfenster. Auf meine Frage: Warum eine so große Türöffnung"?: "Ja, so kann man hier in der Werkstatt größere Fässer zusammenbauen, man hat alle notwendigen Werkzeuge und Vorrichtungen bei der Hand". Lunova Stefan-Vetter, unser Nachbar, kam mir mit freundlich leuchtenden Augen entgegen. Große Hände und Lederschurz und mit einem Lächeln im Gesicht. Stefan-Vetter war gerne Fassbinder und mit Leib und Seele dabei. Er erlernte das Fassbinderhandwerk noch während des ersten Weltkrieges und gleich danach bei seinem Vater, der auch ein bekannter Fassbinder in Tscheb war.

Man war das ganze Jahr beschäftigt. Im Laufe des Jahres, mehr in den Sommermonaten mit den Reparaturarbeiten, Neuanfertigungen von Fässern nur nach Bestellung durch unsere Weinbauern. Es waren alles Maßarbeiten nach den Wünschen der Bauern. In Tscheb galt damals und war im Gebrauch das sogenannte "Emer-Maß". Ein Emer war 56 Liter Hohlraum. Für das Zu- und Herrichten der Dauben hatte der Fassbinder sich eigene Muster angefertigt und so konnte er sich mit dem vorhandenen Fassbinderholz und den gewünschten Fassgrößen anpassen. Mit bedächtigem Ernst erzählte mir Stefan-Vetter und zeigte mir anschaulich, und ich durfte mithelfen beim Zusammensetzen und Herstellen eines neuen Fasses.












von Stefan Ferger, Graz (22. Tscheber Heimatbrief/Dezember 1993)

08.10.2014

Bei einem Weingartenhüter hot"s mol gegeistert

Eingang zum Friedhof
Wer andere nicht in Ruhe lässt, hats mal g"heiße, den lassen die anderen auch nicht in Ruhe! Zu denen hat auch unser Tonivetter gehört. Natürlich, das muass vorausgeschickt werden: Immer ohne böse Absicht! Unsere Leute haben Spaß vertragen.

Also, im Herbst ging der Tonivetter nach dem Betzeitläuten jedesmal in seinen schönen Weingarten, der unmittelbar links an den Friedhof angrenzte, um die Trauben zu hüten. Das "Trauwehiede" war halt so a notgedrungener Brauch daheim. Die beiden Wittfrauen, die Scherer-Franz"n und die Karcher Leni, von der übrigens das Lebensprinzip stammte: "A Madl soll liewer nett "s Stricke kenne, als das es ned "s Tanze kann", wollten dem Tonivetter mal "s Fürchten beibringen. Und es ist ihnen auch geglückt! Sie haben weiße Betttücher umgehängt, dass sie wie Geister aussahen und haben den Tonivetter mit Geisterrufen: "Huh, huh, huh" im Friedhof erwartet. Zuerst glaubte der gute Tonivetter noch an einen Scherz. Als das markerschütternde Heulen aber nicht aufhören wollte und er sich noch darauf besann, dass es im stillen Friedhof ist, fuhr der Schreck ihm in die Glieder und er fing an, alle Heiligen anzurufen. Dann aber konnten die beiden "schlechten Weiber" es nicht mehr weiter verheben. Der Ausklang dürfte etwas gelockerter verlaufen sein. Der Tonivetter hat die armen Wittfrauen sicher mit a paar Trauben beschenkt, denn so war der Tonivetter auch wieder ned!

05.10.2014

Schmieder in Tscheb - Teil 2

Die Ausrüstung einer Schmiede bestand aus Ofen, Blasebalg, Amboss, Hämmer und Zangen. Es gab keine Elektroschweißgeräte oder Autogenschweißapparate, keine Schmirgelmaschinen. Der Stahl musste im Feuer zum Glühen gebracht werden, sodass er geformt und geschweißt werden konnte. Die Nachbehandlung wurde mit der Feile vorgenommen. Die Kunden der Schmiede waren vor allem die Bauern und die Lohnfahrer - die sogenannten Kirjäschler - unseres Dorfes. Aber in jedem Haus wurde mal dieses Stück oder jenes Gerät vom Schmied hergestellt oder repariert.

Die Arbeit und die Arbeitszeit richtete sich nach der Jahreszeit. Im Frühjahr mussten täglich Pflugschare geschärft werden. Im Sommer zur Erntezeit war die meiste Arbeit. Die Wagen waren von früh bis spät unterwegs, die Hitze trocknete das Holz aus, die Wagen und Räder knirschten. An manchen Tagen mussten an vier oder fünf Wagen die Reifen und Ringe aufgezogen werden. War der Sommer vorbei, begann die Arbeit mit dem Hanf. Hanfmesser wurden abgerissen, der Schmied musste sie herrichten. Die Wagen wurden schwer mit Hanf beladen, der zum Rösten an die Hanfwasser gebracht werden musste. Manches Rad und manche Achse bogen sich oder brachen unter der Last. Der Schmied musste sie herrichten. Im Herbst wurden die Stoppelfelder umgeackert. An manchen Abenden hatte der Schmied 40 bis 50 Pflugschare zu schärfen. Inzwischen wurde der Hanf gebrochen. Da wurden zum Schmied die Dulfen gebracht, damit er Bänder an dem Dulfenkopf und an den Dulfenblättern anbrachte. Nun wurde die Arbeit ruhiger. Der Schmied hatte hin und wieder einen Schlitten zu reparieren oder er hat auf Vorrat gearbeitet, Hufeisen geschmiedet und Radnägel angefertigt.

Das ganze Jahr über konnte man den Schmied unter dem Vordach antreffen mit großer Lederschürze in gebückter Haltung mit einem Bauern oder Knecht oder Kirjäschler, bemüht den Huf eines Pferdes zu beschlagen.  Den Stahl und die Kohle haben die Schmieder aus Palanka von Michael Hag bezogen. Für den Doppelzentner Kohle mussten wir etwa 60 - 70 Dinar bezahlen. Das Einkommen der Schmiede war unterschiedlich. Ich schätze, es lag zwischen 10.000 und 20.000 Dinar im Jahr. Die bei der Herrschaft angestellten Schmieder hatten in den frühen Dreißiger Jahren einen Monatslohn von 600 Dinar, der sich später auf über 1.000 Dinar steigerte.

Der Tag des Schmiedes in unserem Dorf  begann oft um 3 oder 1/2 4 Uhr und endete erst um 10 oder 11 Uhr am Abend. Die Arbeit des Schmiedes war schwer und schmutzig, aber vielseitig und interessant. Ich war gerne Schmied in
Tscheb.

04.10.2014

Schmieder in Tscheb - Teil 1

In unserem Dorf gab es fünf Schmiede-Werkstätten. Die Schmiedemeister und Besitzer dieser Werkstätten waren Josef Ernst, Jakob Isl, Franz Lotspeich, Josef Schrenk und Josef Trentz. Vier dieser Werkstätten waren alteingeführt. Die jetzigen Besitzer hatten sie von ihren Vätern übernommen. Lediglich der Isl-Schmied, der beim alten Trenz-Schmied gelernt hatte, hat die Werkstatt neu errichtet. Am Rande des Dorfes lag das große Dundjerskische Gut mit 1.200 Joch Feld, Bierbrauerei, Spiritusbrennerei und Dampfmühle. Zu diesem Gut gehörte eine Schlosserei und eine Schmiedewerkstatt. Bis nach dem 1. Weltkrieg war dort ein Tscheche als Meister tätig. Danach wurde Josef Wenzler Meister. Außer ihm waren in der Herrschaftsschmiede Kohanez Istvan, der später nach Srbobran ging und Hans Zernberger beschäftigt. Gelernt haben dort Stefan Ernst, Adam Heizmann und Nikolaus Abel. Jedem Tscheber sind die Ambossklänge vertraut, mancher wurde davon in aller Herrgottsfrüh geweckt oder zu später Stunde in den Schlaf gesungen.

Der Schmied musste sehr vielseitig sein. Die meisten in der Landwirtschaft gebrauchten Geräte mussten vom Schmied teilweise oder ganz gefertigt und häufig repariert werden: Eggen, Pflüge, Schlaufen und Wagenteile wie Reifen, Ringe und Achsen. Aber auch Nägel und Beile, Hanfmesser, eiserne Tore und Zäune, ja sogar Pumpbrunnen und Tabakmaschinen - allerdings ohne Wissen der Finanzer - wurden geschmiedet und viele Werkzeuge, die der Schmied bei seiner Arbeit brauchte, so die Handhämmer und Feuerzangen. Das ganze Jahr über musste er aber Hufe schmieden und Pferde beschlagen. Der Huf ist kein toter Gegenstand, da ist Leben drin, da musste man genau wissen, wie der Huf beschaffen ist, wie das Pferd läuft und welche Hufeisen es braucht. Beim Beschlagen musste sehr genau darauf geachtet werden, wie der Hufnagel anzusetzen ist, damit er nicht in die Hufzellen gerät, denn die sind schon von Blut durchtränkt. Oft war der Schmied Tierarzt in erster Not. Wenn ein Pferd in einen Nagel getreten war oder auf einen harten Gegenstand, sodass der Huf sich entzündet hatte, so musste der Schmied diese Stelle finden und behandeln, d.h. aufschneiden und das gestaute Blut oder die Vereiterung entfernen, die Wunde säubern und desinfizieren und mit einem Spezialhufeisen beschlagen. Jakob Isl hat sogar Hengste entmannt.

von Andreas Lotspeich (aus dem 5. Heimatbrief/Dezember 1976)

28.09.2014

Josef Seider: Ein Maler, Musiker und Macher

Josef Seider
geb.08.09.1919 in Tscheb - gest. 28.09.2003 in Ludwigshafen
‚Ich bin ein Kind der Donau’ sagte stets der am 8. September 1919 in Tscheb/Batschka im damaligen Jugoslawien Geborene. Und diese - im wahrsten Sinne des Wortes - „Jugendliebe“ finden wir wieder in seinen Ölgemälden, den Grafiken und den Fotografien, die Josef Seiders alte Heimat für uns noch einmal lebendig werden lassen“, so Bürgermeister Zier. Nach der Schulzeit erlernte Josef Seider beim Tscheber „Ernst-Beck“ in der Mittelgasse das Bäckerhandwerk. Nach abgeschlossener Bäckerlehre arbeitete er als Geselle in Neusatz (Novisad), kam dann aber nach einiger Zeit wieder in seinen geliebten Heimatort zu “seinem Master“ (Meister) nach Tscheb zurück.

Im Alter von knapp 20 Jahren musste er zum serbischen Militär. Dann, im Jahre 1942, wurde er deutscher Soldat, im September 1944 in Rumänien von Granatsplittern getroffen und dabei schwer verwundet. Eine sofortige Beinamputation war unumgänglich. In diesem schlimmen Zustand kam er ein halbes Jahr in ein Lazarett an den Wörthersee. Die Dramatik dieses Schicksalsschlages hat er in seinem Bericht „Die schrecklichsten Stunden meines Lebens im September 1944“ in der Tscheber Festschrift vom Dezember 1996 - anlässlich des 25jährigen Bestehens des Tscheber Heimatausschusses - geschildert. Das Kriegsende brachte wichtige Wendepunkte in seinem Leben.
Josef liebte schon früh die Musik. Beim Deutschen Militär, hatte ein Kriegskamerad ein Akkordeon dabei, konnte jedoch darauf nicht spielen. Der talentierte Josef nahm gerne die Gelegenheit war, um dies auf dem geliebten Instrument zu tun. Wie gerne besäße er jetzt ein solches, eigenes Musikinstrument! Deshalb hatte Josef schon seit einiger Zeit die kühne Idee eines Besuches bei der Firma HOHNER, der Herstellerfirma von Akkordeons in Trossingen. Eines Tages setzte er dieses couragierte Vorhaben in die Tat um und schaffte es, in der damals so schwierigen Zeit auf abenteuerlichem Wege sein erstes Akkordeon, und zwar von Herrn Hohner persönlich, zu bekommen. Es ist kaum zu glauben, aber die „Geschichte“ ist wahr:
Mit der Bahn fuhr er von Bruckberg (damals amerikanische Zone) in Begleitung eines Lehrers zu HOHNER nach Trossingen. Natürlich wollte man ihn nicht zum Chef vorlassen. Doch - ein Wink des Schicksals – er hatte etwas sehr Wichtiges im Rucksack dabei, nämlich eine Schreibmaschine. Und als er diese vorzeigte, ließ man ihn sogleich zum Chef vor. Er durfte sich auf dessen Geheiß - gegen den Tausch dieser Schreibmaschine - ein Akkordeon seiner Wahl im Lager aussuchen! (Anm.d.Red.: Man muss hinzufügen, dass von der französischen Besatzung alle Schreibmaschinen im Hause HOHNER „entsorgt“ worden waren). Nun hieß es, das auf wundersame Weise erstandene neue Akkordeon unauffällig in die amerikanische Zone zu bringen. Josef und sein „Helfer“ schafften auch dieses Unterfangen.
Von nun an nahm Josefs musikalische Entwicklung vehement ihren Lauf. Sofort nahm er in Bruckberg Akkordeonunterricht, und zwar bei einem deutschen Musiklehrer namens Herrn de Wille aus Werbaß/ehem. Jugoslawien. Und bald fand Josef einen Weg, sich mit seinen beiden großen Begabungen, dem Malen und Musizieren, weiter zu entfalten. Deshalb erfolgte im Jahre 1951 der Umzug mit Frau und Kind nach Ehrang bei Trier. Dort begann er seine zweite Ausbildung: 8 Semester Studium der Malerei an der Werkkunstschule Trier (morgens)und abends besuchte er parallel 2 Jahre lang die Musikschule. Schon nach einiger Zeit war er imstande, selbst Akkordeonunterricht zu erteilen".

Nach Abschluss seines Studiums, arbeitete er als Schriftenmaler bei der NATO in Trier, bis die Familie im Sommer 1955 nach Limburgerhof, wo mittlerweile ein schönes Baugrundstück erworben worden war, zog. Bewundernswerterweise hinderte Josef seine Gehbehinderung nicht daran, dort zusammen mit seiner Frau mit Geschick und unermüdlichen Fleiß ein eigenes Haus in Eigenleistung zu bauen. Mit seinem handwerklichen Können hat er trotz seiner Bewegungseinschränkung sogar das Dach seines Hauses gedeckt.
Es dauerte nicht lange, bis die Pfalz zu seiner neuen Heimat wurde. Am neuen Wohnort engagierte er sich sofort im Gemeinde- und Vereinsleben. Die zweite Tochter Christa wurde geboren. Umgehend fand er bei der BASF eine gute Anstellung und war dort bis zur Pensionierung im Jahre 1977 als Angestellter in der Verwaltung tätig. Neben seiner beruflichen Arbeit fand Josef immer Zeit für seine geliebten Hobbys, dem Malen und dem Musizieren und diversen ehrenamtlichen Aktivitäten.
1956 rief er eine Akkordeongruppe ins Leben und leitete diese jahrzehntelang mit großer Leidenschaft. Täglich unterrichtete er nach der Büroarbeit eine Stunde im Musikraum seines Hauses. 150 junge Menschen wurden von Josef Seider erfolgreich auf diesem Instrument ausgebildet. Zu den verschiedensten Anlässen hatte sein Orchester zahlreiche öffentliche Auftritte.

Ja, Josef war mit dem Herzen immer ein „Tscheber Buh“ geblieben. Seine „Tscheber Arbeit“ hat er stets aus großer Verbundenheit zur alten Heimat eingebracht. In Sindelfingen, im Haus der Donauschwaben, hängt neben einem Modell einer Donaumühle ein Gemälde einer solchen Mühle, das er gemalt und dem Haus der Donauschwaben gestiftet hat.

Josef Seider verstarb im 84. Lebensjahr am 28. September 2003 in Ludwigshafen/Rhein.

19.09.2014

Von den Bauern in Tscheb - Teil 4

Nach dem Bau des Dammes 1913 wurde es schwieriger mit der Hanfrösterei. Unsere Bauern mussten in die Hanfwasser nach Glozan oder Palanka. Einige Bauern legten in ihrem Riedfeld Hanfwasser an. In den 20er Jahren wurden in Tscheb zwei Hanffabriken mit Kunströstanlagen errichtet. Dies gab dem Hanfbau noch mehr Auftrieb. Der Gutsherr Lazar Dundjerski hat mit der Anlage des ersten Hopfengartens 1890 in Tscheb den Hopfenbau eingeführt. Nach 1900 folgten ihm die Tscheber, allen voran Bellan und Oberndorfer. Damals wurde der Hopfen nach Saaz in Nordböhmen verkauft. Als sich nach dem 1. Weltkrieg der Markt Amerika öffnete, stiegen die Hopfenpreise derart in die Höhe, das nicht nur die Bauern, sondern jeder der ein Stück Feld besaß, einen Hopfengarten anlegte. Nur wenige hatten Glück mit diesem Unternehmen. Die Anlage kostete viel Geld. Die langen Stützen mussten mit :: der Bahn von weit her angeliefert werden, der Draht war teuer. Das ganze Jahr über musste im Hopfengarten gearbeitet werden, Ernte gab er erst im dritten Jahr. Diese Ernte sollte dann gut verkauft werden. "Hopfen bauen ist leicht, Hopfen verkaufen ist schwer" hieß es bald. In jenen Jahren entstanden im Dorf auch mehrere große und kleinere Hopfendarren.

Hopfen und Hanf und was nach dem Eigenbedarf an Mais und Weizen verblieb wurden verkauft. :: Als Aufkäufer für Firmen oder Genossenschaften waren einige Männer aus dem Dorf tätig und Leute aus anderen Gemeinden. Der aufgekaufte Hopfen wurde meist getrocknet nach Petrovac gefahren und dort an der Bahn verladen. Hanf wurde zum großen Teil im Dorf an die Hanffabriken oder an die Firma Haditsch, zum Teil aber auch nach auswärts, verkauft. Mais und Getreide wurden vorwiegend an Schleppkähne an der Donau oder an die Bahn nach Palanka oder Petrovac gefahren oder verfrachtet.

Als Futtermittel hauptsächlich für den Eigenbedarf  wurden außer Mais noch Klee, Wicken, Linsen, Moheu und Rüben angebaut. Die Bauern hatten auch einen Weingarten, wie viele andere Dorfbewohner auch. Obwohl der Tabakanbau für das Dorf von Bedeutung war, spielte er beim Bauern kaum eine Rolle. Einige Bauern vergaben Feld um die Hälfte des Ertrages und stellten bei Bedarf das Fuhrwerk zur Verfügung. Der Tabakanbau stand unter strenger staatlicher Aufsicht.

von Franz Ernst (+), München (9. Heimatbrief/Dezember 1980)