"Handwerk hat goldenen Boden". Beim Fassbinden hat sich dieser Spruch bewahrheitet Den Fassboden einbauen grenzt an wahre Kunst. Dazu ein weiterer Spruch vom Fassbinder: "Bei mir missts ganz zsammgehn, waascht, sunscht is des Fass nett dicht und es rinnt, gleich was du reinschitte duuscht und drinne is, ob Wasser, Wein oder Schnaps".
Zu Hause bei uns in Tscheb waren die Fassbinderarbeiten noch Handarbeiten. Unsere Fassbinder suchten und kauften sich das geeignete Fassbinderholz selber ein, speziell Eichen- oder Akazienholz. Akazienholz gab es im Dorf genug, Eichenholz besorgte man sich von der Sremer-Seite von über der Donau her. Man muss sich zeitlich weit zurückversetzen, mehr als 50 Jahre (Artikel wurde im Jahre 1993 geschrieben!) und noch weiter zurück. Man hat die Baumstämme selbst gespalten und grob zugerichtet. Die Dauben (Seitenbretter eines Fasses) noch mit der Hand aus dem groben Planken (Bohlen) herausgehackt. Das Tor führte mich in einen sauberen großen Hof. Unzählige Reifen in verschiedenen Größen stehen fein säuberlich geordnet an einem Hofgestell im Schatten. Daneben Feuerkörbe. Noch ein paar Schritte über Stufen, weiter den breiten Gang mit schönem Brüstungsmauerwerk stehen wir mitten in der großen, weiten Werkstatt. Von zwei Seiten große Glasfenster, die Eingangstür hat zwei sehr breite Torflügel, mehr als zwei Meter breit und zwei Meter hoch mit Oberlichtfenster. Auf meine Frage: Warum eine so große Türöffnung"?: "Ja, so kann man hier in der Werkstatt größere Fässer zusammenbauen, man hat alle notwendigen Werkzeuge und Vorrichtungen bei der Hand". Lunova Stefan-Vetter, unser Nachbar, kam mir mit freundlich leuchtenden Augen entgegen. Große Hände und Lederschurz und mit einem Lächeln im Gesicht. Stefan-Vetter war gerne Fassbinder und mit Leib und Seele dabei. Er erlernte das Fassbinderhandwerk noch während des ersten Weltkrieges und gleich danach bei seinem Vater, der auch ein bekannter Fassbinder in Tscheb war.
Man war das ganze Jahr beschäftigt. Im Laufe des Jahres, mehr in den Sommermonaten mit den Reparaturarbeiten, Neuanfertigungen von Fässern nur nach Bestellung durch unsere Weinbauern. Es waren alles Maßarbeiten nach den Wünschen der Bauern. In Tscheb galt damals und war im Gebrauch das sogenannte "Emer-Maß". Ein Emer war 56 Liter Hohlraum. Für das Zu- und Herrichten der Dauben hatte der Fassbinder sich eigene Muster angefertigt und so konnte er sich mit dem vorhandenen Fassbinderholz und den gewünschten Fassgrößen anpassen. Mit bedächtigem Ernst erzählte mir Stefan-Vetter und zeigte mir anschaulich, und ich durfte mithelfen beim Zusammensetzen und Herstellen eines neuen Fasses.
von Stefan Ferger, Graz (22. Tscheber Heimatbrief/Dezember 1993)